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HanseNet: Seltsame Rechnungen am Jahresende

WirtschaftsWoche berichtet über mögliche Bilanz-Tricks
Von Thorsten Neuhetzki

Beim Poker der drei großen Telekomkonzerne Vodafone, Telefónica und United Internet um die Übernahme des Hamburger DSL-Anbieters HanseNet (Alice) gibt es offenbar Komplikationen. Das berichtet die WirtschaftsWoche (WiWo) in ihrer aktuellen Ausgabe. Insider behaupten, dass HanseNet bei der jetzt laufenden Einsichtnahme der Bücher nicht alle Vorgänge offenlege. Seit 2007 habe es seltsame Geschäfte mit einem Gesamtvolumen in zweistelliger Millionenhöhe gegeben, darunter sollen auch Scheinrechnungen gewesen sein und Gutschriften, die im Folgejahr wieder aufgeschlagen wurden.

Ziel war es offenbar, kurzfristig die Liquidität zu steigern. Diese war 2007 und 2008 - nachdem die HanseNet-Muttergesellschaft Telecom Italia Zahlungen an ihre Tochter zeitweise eingestellt hatte - äußerst gering. Einer der langjährigen Geschäftspartner, die in Nürnberg ansässige Firma Sellbytel, spricht von "erheblichen Außenstände" und konnte im April 2009 sogar einen Pfändungsbeschluss erwirken. Zusätzliche Mittel soll sich HanseNet durch hohe Rechnungseingänge am Jahresende verschafft haben. Die Umsatzsteuerverbindlichkeiten verringerten sich durch den Vorsteuerabzug sofort, die Rechnungen wurden aber erst im Folgejahr beglichen.

Im Visier der Kritiker ist dabei die Geschäftsbeziehung zu dem ebenfalls in Hamburg ansässigen Callcenter-Betreiber D+S Europe AG. So kaufte HanseNet am 31. Dezember 2007 Adressen für vergleichsweise teuer für 2,7 Millionen Euro - und bekam noch am gleichen Tag eine Gutschrift über 1,6 Millionen Euro, offiziell für nicht erbrachte Callcenter-Leistungen. Der WirtschaftsWoche liegt nach eigenen Angaben die an den damaligen HanseNet-Finanzchef Frank-Michael Hinz gerichtete Rechnung über einen nicht näher erläuterten "Erwerb von Nutzungsrechten" vor. Die Adressen, behaupten Insider, seien nie geliefert worden. HanseNet und D+S Europe weisen diesen Vorwurf zurück. "Alle zwischen den beiden Unternehmen gestellten Rechnungen entsprechen den vertraglich vereinbarten Rahmenbedingungen. Es wurden die entsprechenden Leistungen erbracht", heißt es nach Angaben der Zeitschrift in einer offiziellen Stellungnahme von HanseNet.