Wettbewerbswidrig

Editorial: Volltreffer ins ehemalige Verbot!

Erst schießen oder erst kaufen?
Von

Volltreffer ins Verbot Volltreffer ins Verbot!
Bild: teltarif.de / Marleen Frontzeck
Man wundert sich immer wieder, mit welchen dreisten Werbemethoden es der Media-Markt-Kette gelingt, Kunden in ihre Läden zu locken. Von der Kundenbeschimpfung über fragwürdige Lockangebote bis hin zu offensichtlich gesetzlich verbotenen Glücksspielen ist alles dabei. Zum Beispiel impliziert der bekannte Werbespruch: "Ich bin doch nicht blöd", dass jeder Kunde, der woanders kauft, "blöd" sei. Dabei ist ein Kunde, der woanders ein besseres Verhältnis aus Beratungs- und Servicequalität auf der einen und Preis auf der anderen Seite vorfindet, und dann dort kauft, alles andere als "blöd". Nur gelang es der Konkurrenz über Jahre hinweg nicht, die Kette bezüglich dieser Beschimpfung ihrer Kunden zu stoppen.

An Marken-Blu-Ray-Playern für 65 bis 69 Euro von Sony, Samsung oder LG verdienen die Media Märkte sicher nichts, zumal, wenn sie noch die hohen Kosten einrechnet, mit denen ausgerechnet diese Schnäppchenpreise beworben werden. An einem HDMI-Kabel für 25,99 Euro (Platz 2 der Top-Seller im online-Shop in der Kategorie "TV, Sat & Heimkino", "Zubehör", "Kabel") verdient der jeweilige Media Markt hingegen prächtig. Selbstverständlich vergisst der Berater im Laden nie, die Kunden darauf hinzuweisen, dass im Lieferumfang des jeweiligen Schnäppchenplayers keine Kabel enthalten sind und wo im Laden das Regal mit den Kabeln steht. Auch anderes Zubehör wie Batterien/Akkus, Druckertinte, Speicherkarten oder Taschen ist selbstverständlich stets vorrätig - nur so gut wie nie zu Schnäppchenpreisen.

Einkaufen umsonst!?

Volltreffer ins Verbot Volltreffer ins Verbot!
Bild: teltarif.de / Marleen Frontzeck
Aktuell sind die Media Märkte im Fußballfieber: Wer sich dieser Tage ein Gerät kauft, darf nach dem Bezahlen auf eine Torwand schießen. Trifft er oder sie, bekommt er oder sie den Kaufpreis zurück. Nun verbietet § 4 Ziffer 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz UWG) es ausdrücklich, die Teilnahme von Verbrauchern an einem Gewinnspiel vom Erwerb einer Ware abhängig zu machen. Genau das ist aber bei Media Markt hier der Fall: Erst kaufen, dann schießen, und dann mit Glück Geld zurück. Zulässig wäre nach UWG hingegen eine Aktion, bei der der Media Markt jedem Kunden schon beim Betreten des Ladens einmal erlaubt, auf die Torwand zu schießen. Wer trifft, bekommt einen 100-Euro-Einkaufsgutschein. Wer nicht trifft, kann sich dann immer noch überlegen, ob er etwas kauft, wo er schon mal da ist, oder eben doch nicht.

Allerdings kollidiert die genannte UWG-Regelung mit EU-Recht. Nach der UGP-Richtlinie 2005/29/EG vom 11. Mai 2005 darf (und muss) nur ein ganz bestimmter Katalog von unlauteren Werbemaßnahmen in die nationalen UWG-Gesetze übernommen werden. Die Kopplung von Gewinnspielen mit dem Verkauf von Waren ist da nicht darunter. Folglich gab es schon 2010 ein EuGH-Urteil, das es "Plus" (inzwischen "Netto Markendiscount") ausdrücklich erlaubte, Käufern in ihren Supermärkten in Abhängigkeit vom Umsatz die Lotto-Teilnahme zu ermöglichen. Das Urteil dürfte auf die aktuelle Media-Markt-Aktion übertragbar sein.

Dennoch fürchtet Media Markt rechtliche Problemen,den in den Teilnahmebedingungen steht: "Media Markt behält sich vor die Aktion vorzeitig zu beenden, sofern die Durchführung aus rechtlichen [...] Gründen unmöglich wird." Immerhin ist § 4 Ziffer 6 UWG weiterhin gültig. Man darf aber darauf spekulieren, dass die Media-Markt-Rechtsabteilung umfangreiche Schutzschriften bei den Gerichten hinterlegt werden. Die Richter müssen diese im Falle des Erlasses einer Einstweiligen Verfügung berücksichtigen.

Nicht immer obsiegt aber die Rechtsabteilung des Media Markts bzw. des dahinter stehenden Metro-Konzerns. So wurden die Hamburger Verkehrsbetriebe verklagt, weil sie besonders oft verkehrende Buslinien als "Metrobusse" bezeichnen, und die "Metro" hier ihre Marke verletzt sah. Als ob "Metro" nicht schon seit über 100 Jahren die gängige Bezeichnung für ein Nahverkehrssystem wäre, insbesondere die Pariser U-Bahn.

Gewinnspiele freigeben!

Der Autor dieser Zeilen war anfangs auf § 4 Ziffer 6 UWG hereingefallen und hatte das Vorgehen des Media Markt als klar wettbewerbswidrig bezeichnet, obwohl es das wahrscheinlich aufgrund des vorgehenden EU-Rechts nicht der Fall ist. Zugleich hatte der Autor schon vorher gefragt, welchen Sinn die weitreichenden Einschränkungen für Gewinnspiele im UWG haben, wenn zugleich an jedem Kiosk die Lotto-Teilnahme möglich ist, und Automatenkasinos mit Geldspielgeräten sich geradezu inflationär im Stadtbild breit machen. Auch die staatliche Regulierung des Online-Glücksspiels scheint eher darum besorgt zu sein, staatliche Steuereinnahmen bzw. Zahlungen der Wettspiel-Veranstalter an die Wohlfahrtsverbände zu sichern, als wirklich der immer wieder als Regulierungsgrund genannten Suchtprävention zu dienen, wie ebenfalls der EuGH vor wenigen Jahren befand.

Bei einer dringend nötigen Überarbeitung des UWG sollten die zahlreichen Einschränkungen für Gewinnspiele also baldmöglichst entfernt werden. Denn deutsche Bürger und Unternehmer sollten sich auf deutsche Gesetze auch verlassen können!

Weitere Editorials