Doch Nutzerdaten ans BKA weitergegeben - lügt Telegram?
BKA und Innenministerium haben doch Kontakt zu Telegram
picture alliance/dpa/Agencia Brazil
Der Messenger Telegram wird auch von seriösen Personen, Gruppierungen und Organisationen verwendet - trotzdem gilt er zusätzlich als beliebter Tummelplatz für Verschwörungstheoretiker, Esoteriker und Kriminelle. Der Nimbus der Anonymität wurde von den Machern des Dienstes lange dadurch befeuert, dass man den Nutzern weisgemacht hat: Wir geben keine Daten weiter und Ermittlungsbehörden haben bei uns keinen Zugriff.
Doch das stellt sich mehr und mehr als Irrtum heraus - auch in Deutschland. Denn offenbar bestehen doch Kontakte zwischen den Machern von Telegram, die so gerne in die Anonymität abtauchen würden, und dem Bundeskriminalamt sowie dem Innenministerium.
Der Staat zieht die Daumenschrauben an
BKA und Innenministerium haben doch Kontakt zu Telegram
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Bundesinnenministerin Nancy Faeser drohte Telegram bereits mit Abschaltung, wenn die Betreiber nicht mit den Behörden zusammenarbeiten. Telegram sperrte auch Gruppen aus der Verschwörungsszene, um nicht aus den Appstores von Apple und Google zu fliegen. Mit einer Flut an Meldungen über rechtsextremistische Inhalte an die Plattform wollte das BKA ein Umdenken erreichen und richtete eine eigene Taskforce ein. Nancy Faeser berichtete dann im Februar erstmals über einen direkten Kontakt zu Telegram.
Der Spiegel berichtet nun nicht nur darüber, wie deutsche Politiker immer mehr versuchen, Telegram zur Einhaltung der Gesetze zu bewegen. Denn anders als bislang öffentlich dargestellt hätte Telegram in mehreren Fällen doch Nutzerdaten an das BKA herausgegeben. Dabei habe es sich nach Spiegel-Informationen um Daten Verdächtiger aus den Bereichen Kindesmissbrauch und Terrorismus gehandelt. Eine Anfrage zu dem offenkundigen Sinneswandel ließen die Telegram-Gründer Pawel Durow und seine PR-Abteilung laut dem Blatt allerdings unbeantwortet.
Bereits 100 Kanäle in Deutschland gesperrt
Das BKA hat laut dem Bericht inzwischen mehr als 100 deutsche Kanäle und Gruppen an Telegram gemeldet. Fast alle seien aus Deutschland inzwischen tatsächlich nicht mehr erreichbar. Telegram lässt sich nach Informationen des Blatts in dem Verfahren inzwischen von Anwälten vertreten.
Telegram und seine Anwälte haben bezüglich der Zusammenarbeit wohl zunächst eine Fristverlängerung bis zum 1. Juni erbeten. Diese Frist ließ der Dienst aber offenbar verstreichen, ohne die Anhörungsschreiben der Ermittler und Behörden zu beantworten.
Nancy Faeser ist aber offenbar überzeugt davon, dass der Druck auf Telegram Wirkung zeigt und will weiter darauf drängen, dass die Plattform den gesetzlichen Pflichten nachkommt. Trotzdem missachtet Telegram weiter deutsche Vorschriften. Telegram hat aber inzwischen wohl zumindest eine E-Mail-Adresse speziell für das BKA eingerichtet. Seitens des Innenministeriums habe es Videocalls mit hochrangigen Vertretern von Telegram gegeben, in denen sogar Telegram-Chef Pawel Durow aufgetaucht sei und beteuert habe, wie wichtig der deutsche Markt für Telegram sei.
Eine gehobene Mitgliedschaft für seinen Messenger bietet Telegram bald in Form von Telegram Premium an. Es gibt inzwischen neue Eindrücke von diesem Service.