o2-Telefónica: "5G wird massenmarkttauglich"
o2 erinnert daran, dass vor fünf Jahren mit der Frequenzauktion 2019 der Startschuss für den Aufbau von 5G in Deutschland gefallen sei. Heute erreiche das 5G-Netz von o2-Telefónica bereits 95 Prozent der Bevölkerung. Den Wert der Flächenabdeckung gibt o2 nicht an. Grundbedingung ist ferner, dass interessierte Kunden ein 5G-fähiges Gerät und eine freigeschaltete SIM-Karte für das Netz von o2 mit passendem Tarif haben.
Nicht nur das: o2 nennt die Städte Berlin, Braunschweig, München oder Mönchengladbach – die nach eigenen Angaben "nahezu hundertprozentig mit 5G versorgt" seien. Aber auch ein "Großteil der ländlichen Regionen sowie immer mehr Verkehrswege" seien "dank des schnellen 5G-Ausbaus zukunftsfähig aufgestellt", nimmt o2 für sich Anspruch. Aktuelle Zahlen von o2-Telefónica können belegen, dass die mobile Datennutzung in Deutschland mit 5G exponentiell weiter ansteigt, das bestätigen auch die konkurrierenden Netzbetreiber.
Mallik Rao: Wir brauchen leistungsfähige Netze
Der Technik-Chef von o2-Telefónica, Mallik Rao hat klare Vorstellungen: "Wir brauchen leistungsfähige Netze, um Wirtschaft und Gesellschaft fit für die digitale Zukunft zu machen. 2024 wird das Jahr von 5G. Immer mehr mobile Daten fließen über unser 5G-Netz" und ergänzt: "Das ultraschnelle Netz wird massenmarkttauglich". Denn immer mehr Menschen setzen privat oder beruflich auf das Netz. Sie statten sich zunehmend mit passenden Endgeräten und Tarifen aus.
Doch o2 ist sich bewusst: "5G ist kein Selbstzweck". Seit Jahren steigt die mobile Datennutzung der Mobilfunkkunden in Deutschland stark an. Alleine im o2-Netz wurden mit 4,8 Milliarden Gigabyte im Jahre 2023 fünfmal so viele Daten wie noch 2019 übertragen.
An 5G-fähigen Standorten auf 3,6 Gigahertz (Band n78) liege der Anteil der 5G-Nutzung bereits bei 35 Prozent, teilte o2 heute mit. o2-Mobilfunk-Vertragskunden mit 5G-Tarifen und 5G-fähigen Smartphones nutzen im Schnitt 75 Prozent mehr Datenvolumen als Kunden ohne 5G-Endgerät.
Und: Der Datenbedarf wird weiter steigen. Dafür sorgen zum einen neue digitale Angebote für Privatkunden sowie die Vernetzung von Sensoren im Internet der Dinge (IoT) und Smart-City-Anwendungen für Unternehmen und Verwaltungen.
Mallik Rao, Chief Technology & Information Officer (CTIO) von o2 Telefónica
Foto: Telefónica Germany
"Die mobile 5G-Vernetzung hilft dabei, die großen Herausforderungen dieser Zeit zu bewältigen: Weniger CO2-Emissionen, weniger Staus, dafür eine bessere und effizientere Gesundheitsversorgung und mehr Qualität im Bildungssystem", erläutert Technikchef Mallik Rao.
So helfen laut einer Studie des eco-Verbands der Internetwirtschaft digitale Geräte und moderne Datenübertragung dabei, bis zu 30 Prozent an Emissionen in Deutschland einzusparen. 5G-Anwendungen verbessern zudem Prozesse, etwa im Gesundheitsbereich. Hier eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Telemedizin, Diagnosedaten werden schnell und drahtlos übertragen und Krankenhäuser können dank intelligenter Tracker ihre medizinischen Geräte und Krankenhausbetten besser lokalisieren.
Mehr als 50 neue 5G-Sender pro Woche
Seit dem Start des 5G-Netzes im Oktober 2020 sind jede Woche durchschnittlich mehr als 50 neue 5G-Sender dazugekommen. Allein im vergangenen Jahr waren es 3000, teilt man in München mit.
o2-Telefónica gibt an, im Jahre 2023 über 14.000 Kilometer Straßen und Schienen sowie eine insgesamt 60.000 Quadratkilometer große Fläche "5G-fähig" gemacht zu haben. Diese Fläche sei dreimal so groß wie das Bundesland Rheinland-Pfalz. "Wir bauen 5G schneller aus als jeden Mobilfunkstandard zuvor. Im Vergleich zu 4G sind wir doppelt so schnell unterwegs – und wir bleiben weiter am Ball", betont Mallik Rao.
Frequenzauktionen hemmen Investitionen
Von den Auktionskosten für Frequenzlizenzen in der Vergangenheit hätte die Telekommunikationsbranche rund 250.000 zusätzliche Mobilfunkstandorte errichten können, rechnet o2 vor. Konkret wurden für die Ersteigerung von Nutzungsrechten von allen Mobilfunkunternehmen seit 2000 insgesamt mehr als 66 Milliarden Euro ausgegeben. Mallik Rao fasst zusammen: "Hätten wir die Aufwände für die Frequenzauktionen in den Netzausbau investieren können, wäre Deutschland längst europäischer Spitzenreiter bei der Digitalisierung." Anders gerechnet: Von den Auktionskosten hätte die Telekommunikationsbranche alle Haushalte in Deutschland vollständig mit Glasfaser versorgen oder rund 250.000 zusätzliche Mobilfunkstandorte errichten können. Das sind zweieinhalbmal so viele Standorte, wie derzeit bundesweit in Betrieb sind.
"Wir haben beim 5G-Ausbau viel erreicht. Jetzt geht es um die letzten Prozente. Wir wollen bis Ende 2025 weitgehend die gesamte Bevölkerung in Deutschland mit leistungsfähigem 5G versorgen. Dafür sind eine umfassende Frequenzausstattung und weitere Investitionen in den Ausbau unverzichtbar. Deutschland braucht eine Verlängerung aller auslaufenden Frequenznutzungsrechte, damit alle Menschen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren. Eine weitere milliardenschwere Auktion würde die Digitalisierung des Landes weit zurückwerfen und bestehende Netze zusehends schlechter machen", erklärt Mallik Rao weiter.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Der Autor sitzt an einem Ort, wo o2 mit 4G versorgt. Eine 5G-Versorgung ist hier aktuell nicht absehbar, weil dazu der genutzte Standort, welcher der DFMG (= Telekom + Investoren) gehört, dafür aufwändig umgerüstet werden müsste - sei es für einen höheren Richtfunkspiegel (wirft Fragen der Baustatik auf) oder sei es mit einer extra zu verlegenden oder zu mietenden Glasfaser, was nur teuer zu realisieren wäre. Ein Einzelfall? Fährt man einige Kilometer weiter, gibt es über weite Strecken kein Netz von o2 (oder Vodafone), nur die Telekom hatte hier bislang den Mut, neue Türme und Sender aufzubauen, wo vorher nichts ging. An anderen Orten mag es vielleicht ganz anders sein.
Fährt man durchs Land, bedeutet die Anzeige "5G" nicht unbedingt, dass man auch 5G nutzen kann. Sei es, dass das eigene Smartphone die Kombination von n28 (700 MHz 5G) mit B20 (800 MHz LTE) gar nicht beherrscht oder sei es, dass die dafür erforderliche 4G-"Ankerzelle" zu weit entfernt ist und somit nicht nutzbar ist. Die optionale Freischaltung von 5G-SA kann in diesen Fällen bei der Netzabdeckung helfen, wenn das eigene Smartphone das schon kann. Die oft beschworenen Höchstgeschwindigkeiten bei 5G sind aber erst in einer 3600-MHz-Zelle (Band n78) zu erzielen. Der Nachteil: Die Reichweite der hohen Frequenzen ist spürbar geringer.
Fazit: Der Netzausbau hat in Deutschland noch gewaltige Aufgaben vor sich. Die Netzbetreiber werden das nur schaffen können, wenn man sie bauen lässt, ihnen dabei aber auch permanent über die Schulter schaut, damit nicht die Kostenrechner ("das lohnt sich doch überhaupt nicht") die Überhand bekommen und der Ausbau wieder verzögert oder ausgelassen wird. Der Ausbau mit 5G ist wichtig und richtig, aber der Ausbau der verbliebenen Fläche, wo bislang gar nichts geht (nicht einmal 2G), ist mindestens genauso wichtig. "Wo Menschen sind, muss Mobilfunk sein". Dieser Leitspruch der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) muss den Netzbetreibern in ihre DNA einprogrammiert werden.
Die Frage, ob es wirklich bundesweit flächendeckend vier Netze sein müssen oder ob eine verstärkte Kooperation der Netzbetreiber untereinander eine Lösung sein könnte, muss verstärkt auf den Tisch. "MOCN" (eine Station strahlt gleichzeitig verschiedene Netzkennungen aus) ist eine Möglichkeit, aber im Detail wohl komplizierter als gedacht und beim "Marktführer" unbeliebt, der natürlich seine höheren Preise für sein "besseres" Netz begründen möchte. Soll man also eine Qualitätsabstufung zulassen, wo "günstigere Anbieter" nicht ausbauen müssen? Wer dort Netz möchte, müsste dann zum "besseren" Anbieter wechseln? Wäre das gerechter? Die Kunden müssen verstehen, dass Netzausbau und Netzqualität Geld kostet, so schön günstigere Preise auch sein mögen.