Rundfunkbeitrag: Vorsicht bei Aus- oder Umzug
Es gibt Begriffe, die haben sich fest im Sprachgebrauch verankert, sei es die "EC-Karte" (korrekt "Girocard") oder die "GEZ" - einst Abkürzung für die "Gebühreneinzugszentrale". Der korrekter Name ist "Rundfunkbeitrag". Laut aktueller Rechtslage fällt der Rundfunkbeitrag pro Wohnung an. Dennoch wird die Beitragsnummer weiterhin personenbezogen vergeben. Solange sich in der Wohnung nichts ändert, ist alles in Ordnung.
Verwirrung nach Auszug
Wenn aber die Person, auf welche die Wohnung beim Beitragsservice angemeldet ist, wegzieht, nimmt sie ihre Beitragsnummer mit. Die verbleibende(n) Person(en) müssen sich dann "neu" anmelden.
Der Rundfunkbeitrag ist pro Wohnung zu zahlen, die Konten laufen auf Personen. Das kann verwirrend sein.
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Das ist wohl offenbar wenig bekannt und kann zu Überzahlungen oder Falschzahlungen führen, wenn eine in der Wohnung verbleibende Person irrtümlicherweise für die ausgezogene Person weiterzahlt.
Beispielsfall Heike S.
Eine Beitragszahlerin, nennen wir sie "Heike S.", staunte nicht schlecht, als sie vom "Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio" (so die korrekte Bezeichnung) eine Nachforderung über einen hohen dreistelligen Betrag erhielt. Sie verstand die Welt nicht mehr, weil die Beitragszahlungen seit vielen Jahren regelmäßig per Lastschrift von ihrem Konto abgebucht werden.
Hohe Forderungen aus heiterem Himmel?
Bereits Frühjahr des vergangenen Jahres war ihr mitgeteilt worden, dass ihre Wohnung nicht beim Beitragsservice angemeldet sei. Im Glauben an einen Irrtum teilte Kundin Heike ihre Beitragsnummer mit, unter der regelmäßig der Rundfunkbeitrag von ihrem Bankkonto eingezogen wird. Sie hielt die Angelegenheit damit "für erledigt".
Nur kurze Zeit später meldete sich der Beitragsservice wieder, dass unter der angegebenen Beitragsnummer, unter der die Zahlungen bislang erfolgen, nicht die Wohnadresse von Heike hinterlegt sei. Sie wurde daher "neu" zum Rundfunkbeitrag angemeldet und erhielt eine Anmeldebestätigung für ihre aktuelle Adresse, für die aber bislang keine Beitragszahlungen in diesem Falle über mehrere Jahre eingegangen waren, das Konto war ja nagelneu.
Beitragsnummern personenbezogen
Das Rätsels Lösung: Unter der von Heike S. angegebenen Beitragsnummer ist die Wohnadresse ihres mittlerweile verzogenen Ex-Partners vermerkt. Das war ursprünglich einmal für die gemeinsame Wohnung gedacht, das Beitragskonto läuft auf seinen Namen, die regelmäßigen Beitragszahlungen erfolgten allerdings per Lastschrifteinzug von Heikes Konto.
Vorsicht Falltüre
Grundsätzlich ist der Rundfunkbeitrag pro Wohnung zu leisten, die Beitragsnummer jedoch ist personenbezogen und nicht übertragbar, so die Auskunft der Rundfunkbeitragsstelle. Bei seinem Umzug nahm Heikes Ex-Partner die Beitragsnummer samt Beitragskonto mit. Seither zahlt unser Beispielfall "Heike" also den Rundfunkbeitrag nicht für ihre eigenen vier Wände, sondern für die neue Wohnung des Ex-Partners.
Forderungen berechtigt, aber im Einzelfall nervig
Die Forderungen des Beitragsservice für Heikes Wohnung sind somit rechtlich korrekt. Der Konstruktionsfehler: Heike S. wurde nie informiert, dass sie für ihren Ex-Partner zahlt. Das, so erklärt es der Beitragsservice, gehe aus prinzipiellen Gründen nicht: Für die Entrichtung des Rundfunkbeitrags sei es unerheblich, von welchem Bankkonto die Zahlungen erfolgten. Dass die Zahlungen von einem anderen Bankkonto kommen, sei grundsätzlich nicht auffällig. Zum anderen kenne der Beitragsservice keine Kontaktdaten von weiteren Personen in einer Wohnung.
Zwar werden im "Klärungsverfahren" in der Regel alle Bewohnerinnen und Bewohner einer Wohnung angeschrieben, nachdem jedoch die beitragszahlende Person ermittelt wurde, werden sämtliche Daten Dritter im Sinne des Datenschutzes gelöscht. Ebenso gelte, "dass jede beitragszahlende Person selbst dafür verantwortlich ist, die eigene Wohnung korrekt beim Beitragsservice anzumelden" und den Rundfunkbeitrag für diese zu zahlen.
Vorsicht bei Wohngemeinschaften
Egal, ob partnerschaftliche Wohnung oder studentische Wohngemeinschaft: Zieht ein Mitbewohner oder eine Mitbewohnerin aus der gemeinsamen Wohnung aus, sollten die verbleibenden Bewohner aufmerksam sein, wenn das Beitragskonto der Wohnung auf die ausziehende Person angemeldet war oder ist. Das korrekte Vorgehen ist bürokratisch: Der bisherige Zahler muss sein Lastschriftmandat oder den Dauerauftrag widerrufen. Als nächstes muss der oder die Verbleibende die Wohnung zum Rundfunkbeitrag anmelden.
Passiert das nicht, kann es Probleme geben: Spätestens im nächsten Meldedatenabgleich erfolgt ansonsten eine rückwirkende Anmeldung Ihrer Wohnung zum Rundfunkbeitrag mit entsprechenden Nachforderungen. Die umziehende Person, die das Beitragskonto mitnimmt, muss ihre Adressänderung dem Beitragsservice über ein Onlineformular mitteilen, um ihr Beitragskonto auf den aktuellen Stand zu bringen.
Allgemein empfiehlt es sich, dass die Person, auf die das Beitragskonto angemeldet ist, auch die Beitragszahlungen selbst leistet. Damit können derartige Zahlungskonstellationen ausgeschlossen werden, schreibt der Beitragsservice.
46 Millionen Beitragskonten
Der Beitragsservice verwaltet rund 46 Millionen Beitragskonten. Derartige "Sonderfälle" seien äußerst selten, betont man, räumt aber ein, dass den Betroffenen oft nicht bewusst sei, dass sie Zahlungen für ein Beitragskonto leisten, das nicht ihrer Wohnung zugeordnet ist.
Der Meldedaten-Abgleich
Im Zuge eines gesetzlich geregelten bundesweiten Meldedaten-Abgleichs, bei dem die Meldeämter Meldedaten aller volljährigen Bürgerinnen und Bürger zum Abgleich mit den bestehenden Beitragskonten an den Beitragsservice übermitteln, können solche Fälle ans Tageslicht kommen, wenn für die Wohnung kein Beitragskonto mehr existiert. Dieses Verfahren findet aber nur alle vier Jahre statt und sorgt dann in solchen Fällen erst einmal für Ärger und Verwirrung.
Grundsätzlich keine Rück- oder Umbuchung
Grundsätzlich sei eine Rück- bzw. Umbuchung falsch gezahlter Beiträge auf ein anderes Beitragskonto ausgeschlossen, soll heißen, es gibt Ausnahmen. Für die Beispielsperson "Heike S." sei die Angelegenheit dennoch glimpflich ausgegangen. Zwar musste sie die Forderungen, die im Zuge der rückwirkenden Anmeldung angefallen waren, begleichen, um zusätzliche Säumnisgebühren zu vermeiden. Da für die Wohnung des Ex-Partners jedoch bereits ein Beitragskonto auf dessen neue Partnerin angemeldet war und somit für den betreffenden Forderungszeitraum in der neuen Wohnung eine Überzahlung (Doppelzahlung) vorlag, konnten dem Ex-Partner von Heike die zu viel gezahlten Beiträge für seine Wohnung erstattet werden.
Nach gemeinsamer Aussprache einigten sich die Betroffenen, dass Heike den Betrag als Ausgleich vom Ex-Partner erhält. Wohl dem, wenn sich bereits getrennte Partner später darauf im Nachhinein noch einigen können.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Wenn der Beitragsservice doch schon die Wohnungen im Lande kennt, sollte es doch möglich sein, das Kontensystem künftig von einzelnen Personen auf Wohnungen (mit einer klar benannten Person als Ansprechpartner) umzustellen, um solche Konflikte zu vermeiden. Beitragszahler, die um- oder ausziehen, sollten daran denken, sich selbst zu melden. Telefonisch ist der Beitragsservice nicht einfach zu erreichen, dafür gibt es heute die Möglichkeit, alles online zu klären, die Beitrags/Kundenummer findet sich beispielsweise auf dem Kontoauszug der eigenen Bank.
Beim Rundfunkbeitrag sehen viele Menschen rot, weil sie aus verschiedenen Gründen mit dem Angebot der öffentlich-rechtlichen Anstalten unzufrieden sind oder dort ihr eigenes Weltbild nicht wiederfinden. Viele Menschen geben aber gleichzeitig liebend gerne ein Vermögen für Streaming-Dienste und andere Angebote aus, die im Paket von ARD, ZDF, etc. vielleicht längst enthalten sind, man muss sie nur finden. Sicher ist unstrittig, dass bei ARD, ZDF & Co. gewaltiges Verbesserungspotenzial besteht.
Wenn aber eines fernen Tages der Rundfunkbeitrag abgeschafft oder auf "freiwillig" umgestellt wird, wird sich das Angebot dadurch gewiss nicht verbessern, weil dann auch ARD, ZDF & Co. verstärkt auf "massenwirksame Angebote" umstellen werden, um nicht zu viele dann freiwillig zahlende Kunden zu verlieren. Nischenangebote, die nur ganz bestimmte Zielgruppen interessieren, werden dann sehr schnell verschwinden.
Würde der Rundfunkbeitrag künftig vom Staat (über Steuern) bezahlt, würde schnell die Kritik eines "Staatsrundfunks" laut werden. Regierungskritische Beiträge, die es im aktuellen System durchaus noch gibt, könnten dann weniger werden oder ganz verschwinden. Aktuelle Beispiele gibt es in Europa durchaus, etwa in Polen - vor dem letzten Regierungswechsel.
Die Grundlagen zum Rundfunkbeitrag erklären wir Ihnen.